Wohlfahrt wieder vor Gewinn
Die Regierung muss Programme speziell für Wohlfahrtverbände auflegen, fordert der BRK-Kreisverband Oberallgäu
Wohlfahrtsarbeit ohne das Rote Kreuz – kaum vorstellbar: 1.600 Kitas und 1.200 Pflegeheime betreibt das Deutsche Rote Kreuz (DRK), ambulante DRK-Pflegedienste betreuen 45.000 Senioren und 11.500 Menschen mit Behinderung arbeiten in DRK-Werkstätten. In einigen Punkten ist die Wohlfahrt allerdings gegenüber den gewinnorientierten Trägern im Nachteil. Ziel der Bundesregierung muss deshalb sein, die Wohlfahrtspflege zu fördern und so die soziale Infrastruktur zu sichern. Das fordert der BRK-Kreisverband Oberallgäu im Zuge der anstehenden Bundestagswahlen.
Wohlfahrtsverbände bieten subsidiär Leistungen an und entlasten den Staat - sie sind gemeinnützig. Daraus resultieren steuerrechtliche Vorteile und Pflichten. Wohlfahrtsverbände dürfen etwa keinen Gewinn erzielen und sind dafür von der Umsatzsteuer befreit. Letzteres gilt jedoch genauso für gewinnorientierte Träger.
Das ist nur ein Beispiel dafür, dass die soziale Sicherung zunehmend marktförmig betrachtet wird. Dieser Trend gipfelte zuletzt darin, dass der Bund Programme auflegte, bei denen Gemeinnützige explizit ausgeschlossen waren. Zum Beispiel Digitalisierung/KMU/BMWI. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, ist eine starke gemeinnützige Wohlfahrtspflege aber unverzichtbar. Daher muss die Regierung mithilfe von Programmen gemeinnützigen Trägern im Sozialgesetz Vorrang einräumen.
Woran es außerdem hapert, sind die digitalen Angebote für Rat- und Hilfesuchende. Das hat die Corona-Pandemie deutlich gezeigt. Einzeln hat sich bereits etwas getan, zum Beispiel bei Beratungsangeboten und im Datenaustausch. Ohne zusätzliche Ressourcen geht es jedoch nicht weiter.
Der BRK-Kreisverband Oberallgäu wünscht sich deshalb eigene Förderprogramme, die die digitalen Infrastrukturen gemeinnütziger Organisationen stärken. Außerdem soll die Regierung die bereits bestehenden Refinanzierungsmodelle anpassen. Langfristig sind die Kosten für digitale Angebote in den Regelsystemen (Sozialgesetzbücher) zu verankern.
Schließlich können Träger der Freien Wohlfahrtspflege aktuell keine neuen Ideen oder präventive Maßnahmen ausprobieren. Denn Angebote und Leistungen sind klar geregelt bis überreglementiert. Um das zu ändern, müssen neuartige Ansätze auch auf neue Weise refinanziert werden. Der BRK-Kreisverband plädiert also dafür, Innovationen auf Bundesebene zu fördern.
Dadurch könnte unter anderem das DRK neue Wege in der Finanzierung gehen und zum Beispiel Investoren Social Impact Bonds anbieten. Es sollen ausschließlich solche Projekte unterstützt werden, für die momentan keine Regelfinanzierung in Frage kommt. Grundsätzlich hält es der BRK-Kreisverband für wichtig, dass die Wohlfahrtspflege bei allen Vorhaben der sozialen Innovationsförderung mit einbezogen wird.
Fotos:
Der Bund soll innovative Projekte und die Digitalisierung in der Wohlfahrt fördern. Unser Bild entstand bei einer Studienreise einer DRK-Delegation im Reality Lab für Innovation und Digitalisierung in der Altenhilfe in der Pflegeeinrichtung Stureby Nursing Home in Stockholm.
Bild: Birgit Walsh, DRK
Ressourcen für mehr digitale Angebote und Dienstleistungen wünscht sich der BRK-Kreisverband Oberallgäu. Unser Bild zeigt ein Smartphone mit dem System Open Data Kit (ODK) zur digitalen Patientendokumentation.
Bild: Gero Breloer, DRK
DRK-Mitglieder bauen eine Richtfunkantenne bei der Hochwasserkatastrophe in Bad Neuenahr-Ahrweiler auf, um die digitale Infrastruktur eines Krankenhauses wiederherzustellen. Damit innovative Ansätze weiter gefördert werden, braucht es neue Refinanzierungsmodelle.
Bild: Cornelia Bachem, DRK