Begeisterung nach dem Begegnungsfest mit obdachlosen Menschen in Kempten
Leiterin der BRK-Wärmestube lässt den Aktionstag Revue passieren
Mit seiner Wärmestube mit Übernachtungsstelle in Kempten setzt sich das Bayerische Rote Kreuz (BRK) im Kreisverband Oberallgäu für Menschen in sozialen Notlagen sowie für Wohnungslose in der Region ein. Jüngst wirkte die Einrichtung auch an einem Begegnungsfest an der städtischen Obdachlosenunterkunft in der Reinhartser Straße mit, welches anlässlich des Tages der Wohnungslosigkeit (11. September 2023) von einem großen regionalen Unterstützernetzwerk organisiert worden war. Katrin Wassermann, die Leiterin der Wärmestube mit Übernachtungsstelle, lässt den Aktionstag Revue passieren.
Das Begegnungsfest am Tag der Wohnungslosen wurde von der Fachstelle für Wohnungsnotfallhilfe Diakonie, dem Quartiersmanagement Kempten Ost, der Anlaufstelle „Talk Inn" für Konsument*innen illegaler Drogen, der Offenen Behindertenarbeit der Caritas, der Straffälligenhilfe und der BRK-Wärmestube mit Übernachtungsstelle auf die Beine gestellt. Sie alle sind auf unterschiedliche Weise mit den Menschen in den Kemptener Notunterkünften in Kontakt und hatten für dieses besondere „Get-together“ ihre Kompetenzen und Kräfte gebündelt.
Zum Rahmenprogramm des Tages gehörte neben Grußworten, Speis´ und Trank auch musikalische Unterhaltung durch den Alleinunterhalter „Käpt´n Klaus“. Auf einer Tafel konnten alle Beteiligten – Bewohner, Anwohner und politische Entscheider - notieren, welche Themen sie in Bezug auf Wohnungslosigkeit beschäftigen, welche Herausforderungen sie sehen und welche Weichenstellungen sie sich für die Zukunft wünschen. Die BRK-Wärmestube war mit ihrem Foodtrailer vor Ort, einem kleinen Anhänger mit Essensausgabe. Mit diesem Gefährt fahren ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wärmestube jeden Sonntag zu den Notunterkünften, um die dort Wohnenden mit einer frisch gekochten Mahlzeit zum kleinen Preis zu versorgen. Am Aktionstag kredenzten Katrin Wassermann und ihr Team frische Waffeln und gaben zudem Kartoffel- und Nudelsalat als Beilagen zum Grillgut aus.
Ziel des Aktionstages war es, das Tabu-Thema Wohnungslosigkeit in die Öffentlichkeit zu tragen. „Wir wollten Bewohnerinnen und Bewohner, Nachbarn und andere Teile der Bevölkerung, politische und soziale Akteure sowie weitere Multiplikatoren zusammenbringen. Unser Wunsch war es, den Austausch zu fördern, den Betroffenen ein Gesicht zu geben und ihren Schicksalen und Problemen Gehör zu verschaffen“, erklärt Katrin Wassermann. „Denn Wohnungslosigkeit ist durchaus auch hier im Allgäu ein Thema und kann, wie wir es oftmals erleben, jeden treffen - sei es durch Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes oder aufgrund der Unmöglichkeit nach einer Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs rechtzeitig eine neue, bezahlbare Wohnung zu finden.“
Tatsächlich ist der Bedarf erstaunlich hoch: in den Kemptener Notunterkünften für Wohnungslose leben derzeit 138 Erwachsene und 17 Kinder. Die Wohnverhältnisse dort sind prekär, die räumlichen Gegebenheiten aufs Einfachste und Notwendigste beschränkt. Einen Anspruch auf ein eigenes Zimmer haben die Bewohner nicht. Privatsphäre, Sicherheit und Rückzugsmöglichkeiten sind nicht gegeben. Die schwierigen Umstände sind auch Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle bewusst. Auch er war zu dem Begegnungsfest gekommen, genau wie der Sozialreferent der Stadt Kempten, Thomas Baier-Regnery, sowie der Leiter des Amtes für soziale Leistungen und Hilfen, Florian Höld. In seinem Grußwort bezeichnete Kiechle die Betroffenen als „Menschen, die es wirklich nicht einfach haben“ und versicherte: „Sie können mir glauben, diese extrem angespannte Situation beschäftigt uns täglich.“
„Leider wurde der Aktionstag von der Bevölkerung und den Bewohnern weniger angenommen, als wir es uns erhofft hatten. Die Scheu scheint auf beiden Seiten sehr groß zu sein“, resümiert Katrin Wassermann. „Die Bewohnerinnen und Bewohner, die da waren, waren allerdings begeistert“, freut sie sich. „Sie haben noch Tage später davon geschwärmt und erzählt, dass es eine willkommene Abwechslung war.“ Ihr persönlicher Wunsch ist es, Aktionstage wie diesen zu wiederholen. „Ich habe die Hoffnung, dass so etwas dann nach und nach mit weniger Scham auf der einen oder Angst auf der anderen Seite angenommen wird.“